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Lernen oder Bildung?

Arbeit’geber‘ fordern besser Bildung

Jeder Mensch, der mit der Schule zu tun hat, weiß, dass es hier einiges zu verbessern gibt. Egal ob Lernende, Lehrende oder Eltern; alle sind sich einig, dass die viele Zeit, die Kinder in der Schule verbringen besser genutzt werden kann. Die forcierten Veränderungen durch Corona hätten zu neuen und innovativen Ansätzen führen können. Leider verpuffte diese Chance durch eine Krise nahezu ungenutzt. Die Frage ist nur was und mit welchen Zielen verbessert werden sollte und wie das am besten geht?

Da stellt sich schon gleich zu Anfang die Frage: Wie kann überhaupt Bildungserfolg festgestellt werden? Noten? Prozentsatz der Abiturienten? Glück? Lebenszufriedenheit? Sinkende Zahlen an Essstörungen, Depressionen und Burnout? Zufriedene Lehrende und Lernende? 5-Sterne Bewertungen im Netz?

Die Arbeit’geber‘ (schon der Name zeugt von einer sehr feudalistischen Herkunft und Denkweise. ‚Ich muss ja nicht, aber ich gebe Dir gönnerhaft Arbeit, damit Du mit dem verdienten Geld Dein Leben finanzieren kannst.‘) fordern in einem 10-Punkte Plan, dass die Qualität und das Ergebnis der ‚Bildung‘ häufiger und mehr geprüft werden muss. Ein früherer Start standardisierter Tests schon m Kindergarten soll hier ein Teil der Lösung sein. Nur so können zukünftig Maßnahmen abgeleitet werden, um die Bildung in den Schulen zu verbessern.

Mehr Personal, mehr Computer, mehr Tests, mehr Standards, mehr Nachvollziehbarkeit und mehr Einheitlichkeit.

Das Ziel der Bildung

Die sogenannten Arbeit’geber‘ benötigen natürlich Arbeit’nehmer‘, die willens und fähig sind, die angebotene Arbeit auch auszuführen. Somit ist das Ziel der Bildung, natürlich eine Vorbereitung darauf sich nahtlos in die oft monotonen und wenig inspirierenden Arbeitsabläufe einzufügen. Die Konzerne benötigen wirtschaftsfähige Subjekte, die sich ohne zu murren dem Druck und Stress des Arbeitsplatzes aussetzen, um in eng definierten finanziellen Rahmen erfolgreich zu sein und ‚Karriere zu machen‘.

Und was wäre da besser als eine Schule, die wie eine Fabrik organisiert ist. Mit klaren Hierarchien und Titeln (Direktor, Oberstudienrat, Mittelstufenkoordinator, Lehrende, Lernende, …) , klar abgegrenzte Aufgaben (Unterricht in vorgeschriebenen Zeiteinheiten mit klar definierten und einfach zu überprüfenden Zielen), Schichten (90 Minuten Einheiten mit einheitlichen und gleichzeitigen Pausen und geordnetem Anstehen an Mensa Schlangen um industriell zubereitetes Essen aus einer anderen Fabrik zu erhalten), Anwesenheitspflicht, Handyverbot, das Verbot des Verlassens des Schulgeländes usw…

Auch über die Schule hinaus gäbe es natürlich noch Dinge zu verbieten und zu dämonisieren, die vom Schulerfolg abhalten könnten. Da passt auch diese Aussage aus SPIEGEL Online sehr gut ins Bild

Gab es also lauter »Trostpflaster-Abis« in der Coronakrise – oder womöglich doch Leistungssteigerungen etwa weil viele Freizeitangebote wegfielen?

SPON

Denn wenn die Lösung für schlechte Noten, die Abschaffung von Freizeitangeboten, sprich allem was das Leben lebenswert macht, ist, dann haben wir größere Probleme als wir denken…

Für alle diese Probleme müssen wir keine Schuldigen suchen. Wir müssen sie ändern!

Der Widerspruch

In diesen 10 Punkten die der Arbeitgeber Verband vorschlägt, wird auch ein klassischer Widerspruch deutlich. Es werden gleichzeitig einheitliche Tests und nachvollziehbare Ergebnisse gefordert UND es soll mehr individuelle Förderung geben. Beides gleichzeitig geht nicht. Auch die Hervorhebung der Fächer Mathe und Deutsch ist unsinnig. Natürlich sind dies Grundfertigkeiten, die beherrscht werden sollten, zumindest all das, was in der Grundschule gelehrt wird. Aber zu behaupten die ‚Neben’fächer seien nebensächlich, ist ein großer Fehler. Denn wenn es gut läuft finden die Fähigkeiten aus Mathe und Deutsch ihre Anwendung in diesen unwichtigeren Fächern. Text- und Zahlenverständnis bilden Grundlagen, die es braucht um die Vielfalt der Informationen aus den Natur- und Kulturwissenschaften zu verstehen. Aber leider ist Anwendung nicht die Stärke des derzeitigen Schulsystems. Wir bleiben zu häufig in den Untiefen der Lehrpläne stecken.

Aber schon bei der Frage wie das Ganze gelehrt wird, kann keine Abweichung akzeptiert werden. Nur wenn es so gemacht wird ‚wie früher‘ ist es richtig! Hinsetzen, Diktat schreiben, Multiplikationsreihen auswendig lernen, 300 Jahre alte Bücher lesen, interpretieren usw… Nur nichts Neues, was der Markt noch nicht kennt. Sonst müssten sich diese Personaler noch umstellen, etwas Neues lernen und sich richtig mit den Menschen auseinandersetzen die für sie arbeiten möchten! Soweit kommt es noch!

Sie haben doch bewiesen, dass sie alles wissen, was man wissen kann, denn sie sind ja wirtschaftlich so erfolgreich, dass sie netterweise sogar Arbeit abgeben. Und wer das Geld hat, hat auch das Sagen. Auch wenn es um gesellschaftliche Bereich wie die Schule geht, für deren Organisation sie in keinster Weise ausgebildet sind, soll ihre Meinung maßgeblich sein.

Alternativlos?

Natürlich gibt es Alternativen zur Schule, wie sie heute weit verbreitet ist. Diverse solcher Ansätze gibt es bereits. Aber schon alleine, dass es verschiedene Ansätze zum Lernen gibt, verunsichert viele Menschen. Als früher alle das Gleiche zur gleichen Zeit gelernt haben, war es doch gut. Wenn ‚immer gleich‘ als Qualitätskriterium gilt, dann müsste McDonald’s fünf Michelin Sterne bekommen…

Ich finde immer noch das Essay von Seth Godin zum Thema Bildung sehr zielführend. Hierin arbeitet er zwei wesentliche Punkte heraus:

  1. Schule darf nicht verpflichtend sein.
    • Schule muss so gut sein, dass die Kinder die hingehen, die anderen motivieren mitzukommen.
  2. Interessante Probleme lösen
    • Kinder interessieren sich für Vieles. Diese Themen sollten genutzt werden um wichtige Inhalte zu erarbeiten.
    • Alle diese Themen sollten ergebnisoffen angegangen werden.
    • Das bedeutet Lehrende und Lernende sind nicht klar abgegrenzt. Alle begeben sich gemeinsam auf die Suche nach Lösungsansätzen.

Weiß ich wie das genau gehen soll? Nein! Dazu gibt es Tausende Menschen die Didaktik, Pädagogik, Soziologie, Psychologie, usw. studiert haben. Ich vertraue darauf, dass hier eine Menge Expertise und Fantasie herrscht, um Neues auszuprobieren. Am Ende werden auch die Arbeit’geber‘ profitieren…

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?