Eine nur scheinbar simple Frage

Je nachdem, wo im Gesundheitswesen jemand arbeitet, wird diese Antwort unterschiedlich ausfallen. In der Notfallversorgung ist es entscheidend, die Parameter zu identifizieren, die den Patienten in kurzer Zeit das Leben kosten könnten. Alle anderen Erwägungen stehen hinten an. Das liegt in meiner Erfahrung als Rettungssanitäter daran, dass im echten Notfall fast nichts über den Patienten und die Vorgeschichte bekannt ist.

Aber abseits der akuten Not ist die Antwort auf die Frage im Titel wesentlich schwieriger.

Der derzeitige Gesundheitsminister sieht die Aufgabe der Medizin in der Verhinderung des Todes. Besonders bei den ‘Alten und Kranken‘.

So wenig Sympathie ich für selbsternannte ’Querdenker’ habe, so merkwürdig scheint mir aber der Zusammenhang zwischen dieser kleinen Gruppe Menschen und dem Tod von ’Alten und Kranken’. In einer verantwortungsvollen Rolle muss wesentlich konkreter und weniger plakativ kommuniziert werden. Meint Herr Lauterbach ungeimpfte Kranken- und Altenpfleger, die fragile und ebenfalls ungeschützte Patienten und Heimbewohner anstecken? Oder gibt es Belege für Infektionsherde auf ‘Spaziergängen‘ und ‘Querdenker‘ Treffen? Hat er konkretere Hinweise auf die Infektionswege dieses Virus, als der Rest von uns? Ist ‘querdenken‘ an sich schon ein Risiko für Infektion? Um einen noch größeren Bogen zu spannen muss auch gefragt werden wie viel unterschiedliche Ansichten und Demonstrationen eine Demokratie aushalten muss und kann? Auch wenn viele ‘Querdenker‘ kaum etwas komplexeren und damit sinnvollen Argumenten zugänglich sind, so sollte von Seiten der Politik nicht aufgehört werden, diese Argumente auszusprechen und sie mit Fakten zu untermauern. ‘Du liegst falsch, weil ich es so sage!‘ ist schon als Erziehungsprinzip bei Kindern nicht wirklich tauglich.

Leider ist in diesem Zitat auch nicht ganz klar, wen er mit ‘uns‘ meint. Wenn ‘uns‘ die Medizinerschaft ist, dann ist die Implikation sehr bedenklich. Denn es geht nicht um darum, wie wohl sich die Ärztin bei der Behandlung fühlt. Wenn ‘uns‘ die gesamte Gesellschaft ist, dann klingt es schon anders…

Besondere Verantwortung

Die moderne Medizin und die Möglichkeit der praktisch unendlichen Lebensverlängerung, stellt alle vor besondere Aufgaben. Denn wenn ‘die Natur‘ die Entscheidung über das Ende des Lebens nicht mehr fällt, dann müssen es Menschen tun. Wir haben aber als Gesellschaft noch nicht entschieden, wer hier verantwortlich ist. Ärzte, Angehörige, der kranke Mensch selbst?

Diese schwere und wichtige Fragestellung, wird nie eine klare Antwort haben. Die Aussage, die mir gefällt, und die vielleicht einen Orientierungspunkt in der Debatte sein kann lautet:

Es ist wie immer im Leben. Eine ‘entweder-oder‘ Einstellung sät mehr Unfrieden als eine ‘sowohl-als auch‘ Sicht auf die Dinge.