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Die nüchternste Perspektive

Cochrane

Die Evidenz-basierte Medizin (EBM) sollte eigentlich EIH heißen; Evidenz-informierte Heilkunde. Evidenz bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es irgendwelche schriftlichen Erzeugnisse gibt, die sich mit der infrage kommenden Thematik beschäftigt. Von der mehr schlecht als recht aufgeschriebenen Fallstudie bis zur Meta-Analyse.

Nun gibt es wirklich niemanden der gegen dieses Konzept etwas haben könnte. Es sei denn, dieser Person ist vollkommen klar, dass sie Lügen verbreitet und unwirksame bis schädliche Therapien anbietet. Laut den offiziellen Definitionen hat die EIH drei Säulen:

  1. Aktuelle wissenschaftliche Evidenz
  2. Klinische Erfahrungen des Anwenders
  3. Präferenzen des Patienten

Extremisten

Die extreme, und falsche, Auslegung dieses Konzeptes ist, dass nur das in der Praxis erlaubt ist, was von der Evidenz eindeutig unterstützt wird. Dies würde bedeuten, dass nahezu nichts mehr erlaubt ist. Diese Position hat zu Beginn der COVID Krise in New York dazu geführt, dass ein Forscher den Ärzten in einem Krankenhaus vorwarf, sie praktizierten Hexenwerk wenn sie ohne den Hintergrund randomisierter Studien handeln.

Dieser Prozess setzt voraus, dass ausschließlich Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen neuen Ideen für Behandlungsansätze vorschlagen dürfen, die sie vorher ausgiebig getestet haben. Das ist natürlich Quatsch, denn die Fragen, die die extremen Kosten und den Aufwand einer randomisierten Doppel Blind Studie rechtfertigen, müssen aus der Praxis kommen. Also muss ständig in der Praxis experimentiert werden.

Die Hierarchie der Evidenz beginnt mit vereinzelten Beobachtungen in der Praxis und endet mit einer Qualitätsanalyse aller verfügbaren Daten auf einer Plattform wie Cochrane. Diese Organisation versucht so neutral wie möglich* Studiendaten zu sammeln. Diese Studien werden nach einem etablierten Raster qualitativ bewertet und sortiert. Dann werden die Ergebnisse so wiedergegeben, dass nicht nur klar ist was die Ergebnisse der Studien sind, sondern auch welche Qualität diese Evidenz hat.

*niemand und nichts ist vollkommen neutral. Auch Cochrane hat Sponsoren und es arbeiten Menschen bei dieser Organisation. Und diese Menschen haben individuelle Einstellungen und eine Vorbildung die sich schon in der Art der Fragestellung zeigen kann. Aber so lange wir auch nur ein wenig Vertrauen in das Gute in unseren Mitmenschen haben, sollten wir diesen leichten Einfluss von Persönlichkeit nicht verteufeln.

Wenn Du also eine möglichst klare Diskussions- oder Denkbasis haben möchtest wenn es um die Frage geht: ‚Wie ist die Beweislage, ob X bei Y hilft?‘ dann gehe zuerst zu Cochrane. Denn wer mehr weiß, muss weniger glauben.

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?