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99 Probleme…

…und Du bist eins davon…

„Du musst langfristig investieren. Und natürlich diversifizieren. In die 40 größten Unternehmen der Welt musst du investieren. Diese Fonds wachsen immer 8-10% im Schnitt über 10 Jahre. In 10-15 Jahren wenn ich von all dem hier die Schnauze voll habe löse ich alle Gewinne ein und wandere nach Italien oder Kroatien aus.“

Diese Floskel Gedresche fand am Nebentisch des italienischen Restaurants statt. Ohne Kopfhörer war ich dem leider schutzlos ausgeliefert. Dort erklärte ein mittelalter Herr einem jüngeren Herren, seiner eigenen Auskunft nach eine absolute Ausnahme unter den Jurastudenten, da völlig uneitel, wie er mit seinen Siemens Stammaktien hohe Verluste gefahren hat weil er nicht stündlich auf den Börsenkurs geachtet hatte.

Die obigen Hinweise flossen dann aus dem jungen Herren heraus der natürlich dem generischen Plan für unendliches und ungebremstes finanzielles Wachstum folgen wird, der sich nur Personen erschließt die so clever und uneitel sind wie er. Wie ein junger Warren Buffett halt…

Von was der junge Mann dann in 10 Jahren die Schnauze dann voll haben will, ging mir nicht ganz auf. Das System, was er anscheinend schon jetzt verachtet, will er also noch ein paar Jahre mit seinem Geld bespielen und befüttern um dann alles hinzuwerfen und auszuwandern.

Also wird er genau das tun was das System von ihm erwartet. Als kleines gut geöltes Rädchen brav zu Ende studieren, den Job in der tollen Kanzlei annehmen, Partner werden, Kohle anlegen, aussteigen. Und natürlich die ganze Zeit den Mund halten über das was ihn stört um die Funktionsweise des Systems nicht zu stören. Denn würde er etwas sagen gefährdet das ja den tollen Plan.

Auch der ältere Herr war ein so typischer Vertreter der Probleme der Mittelklasse dieser Gesellschaft dass es schon fast weh tat. Geld was man noch braucht zu investieren um es dann fast am Tiefpunkt der Krise zu verkaufen um die Verluste zu minimieren, ist genau das Verhalten was erwartet wird. Somit können die Großen risikolos ihre Aktien zurückkaufen um sich dann wieder in die Gewinnzone zu arbeiten. Dies ist eines der klassischen Beispiele für das was Naomi Klein als Krisen Kapitalismus bezeichnet.

Kann man dem System ausweichen? Nicht vollständig denke ich. Aber das eigentlich erschreckende ist die Selbst Sabotage die ein solcher Lebensplan mit sich bringt. Man findet das zwar angeblich alles doof und wünschte sich es sollte anders sein. Aber man selbst ist natürlich nicht in der Lage irgendetwas zu ändern. Also macht man gegen seinen Willen mit so gut die Regeln es eben zulassen. Aus dieser fehlenden Kongruenz zwischen Selbstbild und gesellschaftlicher Erwartung entsteht viel Enttäuschung, Frustration und ultimativ ein Leben dass nicht so geführt wird wie man es sich vorgestellt hat. Nicht umsonst steht dieses Bedauern an der Spitze der fünf Dinge die sterbende Menschen bedauern.

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?