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Diagnosis ex juvantibus

‚Herr Kaschel, können Sie bitte die Diagnose eintragen? Die Patientin möchte die Rechnung bei der Krankenkasse einreichen.‘

Der Vorgang der Diagnosestellung wird oft als Krönung der akademischen medizinischen Arbeit gesehen. Denn ohne Diagnose, keine Behandlung. Alle möglichen Muster die sich aus Angaben des Patienten und einiger mehr oder minder verlässlichen Labortests und Aufnahmen ergeben, wurden im ICD-10 zusammengefasst. Die hier aufgeführten Diagnosen gelten als Grundlage für die Erstattung einer Leistung durch die Krankenkassen.

Macht dieses System Sinn?

Nehmen Sie den Begriff ‚Rückenschmerzen‘. Dieser gilt als Diagnose laut dem ICD-10. Doch leider, wie bei so vielen der hier verzeichneten Beschreibungen, ergibt sich aus diesem so alleine dastehenden Wort keinerlei Hinweis darauf was nun zu tun ist. Beliebte ‚Diagnosen‘ aus meinem Beireich sind:

  1. Lumbago
  2. Schulter-Arm-Syndrom
  3. Cephalgie

Alle drei sind lediglich der Schmerzort den die Patientin angibt. Wie soll dies dem Menschen oder den weiterbehandelnden Therapeuten weiterhelfen? Wie soll die Krankenkasse aus diesen Begriffen Rückschlüsse darüber ziehen welche Maßnahmen nun erstattungsfähig, und damit durchführbar, sind und welche nicht?

Wie könnten Diagnosen besser gemacht werden?

Diagnosen sollten Geschichten sein. Sie sollten die Beschreibungen des Patienten und die Gedanken und Untersuchungsergebnisse der Behandlerin miteinbeziehen. Die folgenden Fragen müssen geklärt werden:

  1. Liegt eine akute Gefährdung für die Patientin vor?
  2. Welche Umstände im Leben des Patienten haben zur Entstehung der Symptome geführt?
  3. Wie sieht ein sinnvoller Behandlungsablauf aus?
  4. Wann ist mit einer Besserung zu rechnen?

Beispiel:

Statt: Schulter-Arm-Syndrom rechts

Besser: Die Beschwerden im Bereich des rechten Oberarmes sind auf eine Reizung der Sehnenscheiden der Rotatorenmanschette zurückzuführen. Diese begann vor ca. 2 Wochen mit einer Überlastung bei der Gartenarbeit. Die zu stark ausgeprägte Kyphose der Brustwirbelsäule (BWS) und die fehlende Beweglichkeit der Schulterblätter haben diese Entwicklung begünstigt. Die monotone Arbeitshaltung mit leicht abgespreiztem Oberarm hat eine schnelle Beruhigung bisher verhindert. Die sinnvollste Vorgehensweise ist eine schrittweise Verbesserung der Alltagsbewegungen, Übungen die den Armschwung betonen und die chiropractische Behandlung des Schulterkomplexes inklusive der BWS und HWS. Dies sollte innerhalb von 3-4 Wochen zu einer deutlichen Beschwerdeminderung und verbesserter Beweglichkeit im gesamten Schultergürtel führen. Bei Nicht-Besserung werden weiterführende Maßnahmen besprochen.

Die Überschrift bedeutet Klärung der Diagnose vom Heilerfolg her. Dies ist der einzig vernünftige Vorgang. Idealerweise vergleicht man die vor dem Heilungserfolg gestellten Diagnosen mit den Ideen dies sich aus dem Verlauf ergeben. Dies wäre für Behandler und Patient die optimale Form etwas zu lernen.

Denkanstöße, Tipps und Übungen für den Alltag?